Allgemein

Lungenschädigende Kampfstoffe wurden bereits im 1. Weltkrieg unter der Bezeichnung "Grünkreuz" eingesetzt, da deren Behälter mit einem grünen Kreuz gekennzeichnet waren. Ihre ersten Vertreter waren relativ primitive Gase, welche jedoch auf die ungeschützten Atmungstrakt starke Auswirkungen hatten. Ihre Nachfolger sind noch heute in Militärbeständen gelagert. Sie werden fast ausschließlich als Gas eingesetzt. Lungengifte können eine reizende Wirkung auf Augen und Haut haben, welche jedoch gegenüber anderen Kampfstoffen deutlich zurücksteht. Lungenschädigende Kampfstoffe haben mit der Weiterentwicklung und Verbesserung von Gasmasken an Bedeutung verloren. Nichts desto Trotz stellen sie für die Zivilbevölkerung nach wie vor eine Gefahr dar.
Als typischer lungenschädigender Kampfstoff gilt das Phosgen, welches mit einer Siedertemperatur von 8,2 °C sich zwar leicht flüchtig ist, jedoch ein Gelände für bis zu eine Stunde für Personen ohne Schutzausrüstung unpassierbar macht. Dies resultiert daraus, dass Phosgen schwerer ist als Luft.

Intoxikationsformen

Lungenschädigende Kampfstoffe wirken allgemein nur über und auf die Atemwege. Einige von ihnen verursachen Reizungen auf der Haut, oder führen bei Verschlucken zu Beschwerden im Magen-Darm-Bereich, was jedoch mehr oder weniger auszuschließen ist. Lungenschädigende Kampfstoffe können bei Inhalation zum Tode führen. 

Bekannte lungenschädigende chemische Kampfstoffe

Carbonic dichloride  (CG / Phosgen)

Februar 1916

Verdun Frankreich
Trichlormethylchlorkohlensäureester (DP / Diphosgen / Perstoff)

Mai 1916

Verdun Deutschland
Chlor    (CL)

April 1915

Ypern Deutschland
Acrolein

Januar 1916

unbekannt Frankreich
Bis(clormethyl)-ether

Januar 1918

unbekannt Deutschland
Phenylarsindichlorid          (Pfiffikus)

September 1917

unbekannt Deutschland
Chlorpikrin                 (Klop / Trichlornitromethan / PS / C CL3NO2)

August 1916

unbekannt Russland
Phenylcarbylaminchlorid 

Mai 1917

Berry au Bac Deutschland
Chlortrifluorid unbekannt unbekannt unbekannt
Dischwefeldecafluorid unbekannt unbekannt unbekannt
Carbonylchlorid (Kohlenoxychlorid) unbekannt unbekannt unbekannt
Chlorameiensäuretrichlormethylester (Perchlorameiensäuremethylester) unbekannt unbekannt unbekannt
Phosgenoxim unbekannt unbekannt unbekannt
Bis(brommethyl)-ether Januar 1918 unbekannt Deutschland
Ethylarsindichlorid (Dick) März 1918 Moulin de Laffaux Deutschland
Ethylarsindibromid Februar 1918 Moulin de Laffaux Deutschland
Phenylarsindibromid September 1918 unbekannt Deutschland

Spalten:1.:Kampfstoff;2.:Datum des Ersteinsatzes;3.: Ort des Ersteinsatzes; 4.: Ersthersteller; 

Wichtigste Vertreter der lungenschädigenden Kampfstoffe

Die wichtigsten lungenschädigenden Kampfstoff sind das nach Heu oder faulem Obst riechende Phosgen, sowie Diphosgen, welches auf grund seiner sehr niedrigen Erstarrungstemperatur auch im Winter eingesetzt werden kann. Es hat außerdem eine Toxischere Wirkung als Phosgen, auch wenn sich die beiden Kampfstoffe sonst recht ähnlich sind.
Ein letzter wichtiger Kampfstoff ist das Klop, welches im kalten Krieg noch von den Militärs als gegenseitige Bedrohung angesehen wurde.

Geschichte

Chlorgas war das erste chemische Kampfmittel, welches zum Tode führte. Im April 1915 von den Deutschen bei Ypern eingesetzt verursachte es 15000 Vergiftete, von denen 1/3 an den Wirkungen starben. Lungenschädigende Kampfstoffe waren von da an die am häufigsten im 1. Weltkrieg vertretenen Kampfstoffe. Ab Februar 1916 lösten die Phosgene das Chlorgas in seiner Bedeutung für den ersten Weltkrieg ab. Phosgen wurde bereits 1812 von einem Herrn Davy entdeckt. Gegen seine giftige Wirkung reichten nun keine feuchten Lappen vorm Gesicht mehr aus. So verursachten primär Phosgen und Diphosgen die Entwicklung der ersten Gasmasken. Diese boten einen relativ guten Schutz, auch wenn ein beträchtlicher Teil von Ihnen im Kampfeinsatz nicht dicht abschloss. Trotzdem sah man in den Gasmasken eine neue Herausforderung.
Um diesen Schutz zu durchbrechen setzte man von deutscher Seite her ab Juli 1917 erstmals den Nasen-Rachenreizstoff Clark 1 ein. Dieser durchdrang aufgrund seiner Metallstaubstruktur die Filter der Gasmasken, und löste bei den Soldaten einen Brechreiz aus. Um nicht zu ersticken, mussten diese die Gasmasken zum brechen abnehmen. In dieser Zeit waren die Soldaten dem mit eingesetzten lungenschädigenden Kampfstoff (zumeist Phosgen oder Diphosgen) schutzlos ausgeliefert. Durch die Kombination mit Clark 1 wurde Grünkreuz (wie lungenschädigende Kampfstoffe damals noch hießen) wieder zu einem "effektiven" Massenvernichtungsmittel.

Wirkungsweise

Lungenschädigende Kampfstoffe stören nach der Inhalation den Zellstoffwechsel in der Lunge, was die Wände der Lungenbläschen (Alveolen) und die in diesen verlaufenden Kapillaren schädigt. Dies hat zur Folge, dass sich die Alveolen mit Blutflüssigkeit füllen (Lungenödem), und so den Gasaustausch zwischen Blut und eingeatmeter Luft verhindern. Durch die Flüssigkeitsansammlung in den Alveolen kann dem Kreislauf bis zu 30% des zirkulierenden Blutes entzogen werden.
Die daraus resultierende Blutverdickung führt zu einer Herz-Kreislaufschädigung, da das Herz verstärkt beansprucht wird, um das verdickte Blut durch die Adern zu pumpen. Dementsprechend verbrauch dieses mehr Sauerstoff, welcher jedoch nur noch unzureichend vorhanden ist. So kommt es zu einer Herzschädigung, und einem Kreislaufzusammenbruch.

Vergiftungserscheinungen

Bei einer Vergiftung mit lungenschädigenden Kampfstoffen treten bei den Opfern vier verschiedene Stadien auf.
Das erste Stadium, welches direkt bei und nach der Inhalation auftritt, wird reflektorisches Stadium genannt. Es kommt zu Nies und Hustenreizen, so wie zu einem brennenden Nasen-Rachen-Reiz, Beklemmungsgefühlen, sowie zu Kopfschmerzen. Das reflektorische Stadium klingt nach 30 bis 60 Minuten vollkommen ab. Es ist zu beachten, dass einige Kampfstoffe wie Phosgen beim Betroffenen kein oder nur ein sehr begrenztes reflektorisches Stadium hervorrufen können. Die weitere Verlaufsform ist jedoch gleichbleibend. 
Das sich an das reflektorische Stadium anschließende Latenzstadium kann 4 bis 12 Stunden anhalten, in welcher - selbst bei schwersten Vergiftungen - absoluter Beschwerdefreiheit typisch ist. Einziges Merkmal ist eine Atmungsbeschleunigung, sowie ein Herzschlagsverlangsamung.
Der Übergang in das Stadium das toxischen Lungenödems beginnt mit einer Verschlechterung des Allgemeinbefindens, Hustenreiz , Schwindelgefühl und einem schlechten Geschmack im Mund. Zusätzlich ist eine erhöhte Herzschlagfrequenz zu beobachten.
Durch das Entstehen der Lungenödeme kommt es nun zur Sauerstoffarmut, was neben dem Herzen auch noch Hirn und Niere stark schädigt. 
Am zweiten Tag nach der Resorbierung des  Kampfstoffes erreicht das Stadium des toxischen Lungenödems seinen Höhepunkt. Es kommt nun zu Fieber, hochgradiger psychischer Unruhe, starker Atemnot beim Einatmen, quälenden Hustenreiz mit reichlich bräunlich-schleimigen Auswurf, starken Schmerzen hinter dem Brustbein, rasselnder Atmung in allen Lungenbereichen sowie zu bläulich später gräulicher Färbung der Haut, resultierend aus der Blutarmut.
Dieses Stadium kann 24 bis 36 Stunden anhalten. Es ist das Stadium mit den meisten Toten bei einer Vergiftung mit lungenschädigenden Kampfstoffen. Wird dieses Stadium überlebt kommt es anschließend zu einer Besserung des Algemeinbefindens, absinken der Körpertemperatur in den Normbereich, sowie zu einem Abklingen der Atemnot. 
Das hiermit beginnende regressive Stadium dauert bei reibungslosem Verlauf 4 bis 6 Tage.
Nicht selten jedoch kommt es zwischen dem 8. und 10. Tag nach der Vergiftung zu Entzündung der Bronchien, Verstopfung der Blutwege im Gehirn , Herz- und Lungeninfarkte sowie zu einer sekundären Herzinsuffizienz.
Bleibende Schäden können Herzmuskelschäden sowie Stoffwechselstörungen sein. 

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