Allgemein
Hautschädigende Kampfstoffe sind
zumeist Abwandlungen des S-LOST. Ein wichtiges Merkmal ist das Enthalten
von Chlor und Kohlenstoffverbindungen. Außer dem Verursachen von Hautschäden, zeigen sie noch
eine starke augen-, nasen-, mund- und rachenreizende Wirkung. S-LOST war
der 1. im Krieg eingesetzte hautschädigende Kampfstoff, welcher bald
unter dem Namen Senfgas bekannt wurde. In Deutschland wurden
hautschädigende chemische Kampfstoffe bis Ende des 2. Weltkrieges als
"Gelbkreuz" bezeichnet.
Intoxikationsformen
Hautschädigende Kampfstoffe wirken
durch die Haut und Augenbindehaut, können aber auch durch Inhalation oder
durch den Mund resorbiert werden. Die Aufnahme des Kampfstoffes
durch die Haut ist führ gewöhnlich nicht lebensgefährlich, sofern nicht
zu viel Hautfläche durch den Kampfstoff kontaminiert wurde. Werden jedoch
große Mengen des Kampfstoffes inhaliert, so kann die Schädigung der
Lunge tödlich wirken.
Bekannte hautschädigende chemische Kampfstoffe
Bis(2-chlorethyl)-suldid |
H / HD
/ HS |
S-LOST
/ Senfgas |
C4H8Cl2S |
Tris(2-chlorethyl)-amin |
HN |
N-LOST |
C9H12Cl3N |
Ethyl-bis(2-chlorethyl)-amin |
HN |
N-LOST |
C6H13Cl2N |
Methyl-bis(2-chlorethyl)-amin |
HN |
N-LOST |
C5H11Cl2N |
Bis(2-chlorethylthio)-diethylether |
T |
O-LOST |
C8H16Cl2S2O |
Phosgenoxim |
CX |
Rotkreuz |
C H Cl2
N O |
2-Chlorvinylarsindichlorid |
L |
Lewisit |
C2H2AsCl3 |
Phenyldichlorarsin |
PD |
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Ethyldichlorarsin |
ED |
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Methylarsindichlorid |
MD |
Medicus |
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Ethylarsindichlorid |
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Spalten:1.:chemische Bezeichnung;2.:Granatenbeschriftung nach
NATO-Norm;3.: Zusätzliche militärische Bezeichnung;4.: chemische
Summenformel;
Wichtigste
Vertreter der hautschädigenden Kampfstoffe Die
wichtigsten Vertreter der hautschädigenden Kampfstoffe sind nach wie vor
das S-LOST sowie das N-LOST. Lewisit ist nach dem Entdecken eines
wirksamen und billigen Gegenmittels (BAL-Britisch Anti-Lewisite /
2,3-dimercaptopropanol) ins bedeutungslose abgefallen. Phenyldichlorarsin
hat die Eigenschaft als Flüssigkeit sogar Gummi zu durchdringen, und
hat so einen großen Vorteil gegenüber anderen Hautkampfstoffen, da es
Schutzkleidung durchdringen kann. Geschichte Erstmals
im Juli 1917 eingesetzt, wurde S-LOST zu der "Wunderwaffe schlecht hin", welche den in
einen Stellungskrieg festgefahrenen Vormarsch der deutschen Truppen wieder
zum laufen bringen sollte. In östlichen Staaten wurde LOST nach seinem
Ersteinsatzort Ypern Yperit genannt. In westlichen Ländern hingegen kommt
der Name "Mustard Gas" von seinem senf- bis knoblauchartigem Geruch.
Die deutsche
Bezeichnung LOST stammt von Fritz Haber, benannt nach den Entwicklern des Kampfstoffes Dr. Lommel
und Wilhelm Steinkopf. Diese untersuchten das seit 1822
bekannte Präparat auf seine Tauglichkeit als Kampfstoff. 1822 war der Stoff
erstmals vom französischen Physiker César Mansuète Despretz
hergestellt worden, zeitgleich zu dem in London lehrenden Chemieprofessor
Frederick Guthrie. 1868 wurde der Stoff in Deutschland von Victor Meyer auf
einem vereinfachten synthetischen Weg hergestellt, auf welchen Lommel und
Steinkopf zurückgriffen, da die Produktionsweise ein reineres und
beständigeres Produkt hervorbrachte.
Lewisit entsprang ebenfalls den Forschungen für das Schlachtfeld des 1.
Weltkriegs, und wurde
1917 von Winford Lee Lewis entwickelt und nach diesem benannt. Später stellte sich heraus,
dass der
deutsche Chemiker Johannes Thiele den Kampfstoff bereits 1916 synthetisiert
hatte, zeitgleich dazu gelang dies auch den in München arbeitenden Chemikern
Heinrich Wieland und A. Bloemer. Lewisit wurde jedoch im ersten Weltkrieg
nicht mehr eingesetzt.
Währen der beiden Weltkriege wurden die auf S-LOST basierenden
Hautkampfstoffe N-LOST und O-LOST entwickelt, wurden jedoch im zweiten
Weltkrieg nicht eingesetzt, da sie wie die übrigen chemischen Kampstoffe
einen Blitzkrieg durch ihre Kontamination blockiert hätten. Bei der
Verteidigung musste der Rückzug so schnell angetreten werden, dass es nicht
mehr möglich war, chemische Kampfstoffe einzusetzen.
Nach dem zweiten Weltkrieg verloren die Hautkampfstoffe zugunsten der
Organophosphate beträchtlich an Bedeutung. Sie wurden nur noch für
Notfälle eingelagert. Vergiftungserscheinungen
Formen der
Hautschädigung durch chemische Kampfstoffe am Beispiel von LOST
erythematöse Form |
Latenzzeit von etwa12 Stunden |
leichtes Brennen oder Jucken,
zunehmende Berührungsempfindlichkeit, Erythem (Rötung und
Schwellung des betroffenen Hautabschnitts) |
Abheilung nach 5-10 Tagen ohne
Narbenbildung unter hinterlassen einer Pigmentierung |
oberflächliche bullöse Form |
Latenzzeit von 6-12 Stunden |
Beginn wie erythematöse Form. Aus
dem Erythem entsteht ein tastbares Infiltrat (quaddelförmig)
[prallgefüllte Blase in der Form des ehemaligen Ödems]. Nach 10
bis 12 Stunden entstehen im Infiltrat blasse ischämische Herde. Nachfolgend
entwickeln sich in diesem Bereich kleine, später konfluierende Bläschen
(bernsteingelber Inhalt). Nekrosen. |
Abheilung erfolgt über das
Stadium einer Erosion nach 3-4 Wochen ohne Narbenbildung unter
Hinterlassung einer Pigmentierung. |
tiefe bullöse Form |
Latenzzeit von 2-6 Stunden |
Beginn wie erythematöse Form. Im
Zentrum der Schädigung zunächst Schwellung und stärkere
Infiltration, welche sich anschließend grau-gelblich verfärbt und
von perlschnurartig angeordneten Blasen umgeben ist. In diesem
bereich bildet sich nachfolgend ein geschwürig-nekrotisierender
Prozess aus. |
Abheilung erfolgt nach 2 bis 3
Monaten mit Ausbildung einer de- und hyperpigmentierten Narbe.
Sekundärinfektion ist typisch. |
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Bild 1: S-Lost-Schädigung
etwa 1 Tage nach der Kontamination. Bernsteinfarbene kranzförmige
Blaseneruption. Das graugelbliche ischämische Zentrum hebt sich
deutlich vom hyperämischen dunkelroten Erythem Umgebung ab. |
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Bild 4: Unter
Rückbildung des Erythems und Ödems allmähliche Demarkierung des
festhaftenden nekrotischen Gewebes im ischämischen
Schädigungsbereich. Dynamik der Entwicklung im Abstand von 2
Wochen. |
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Bild 2: Großblasige
S-Lost-Schädigung der Haut 8 Stunden später. Durch Zunahme der
Exsudation im anämischen Zentrum hat sich der Blasenkranz
zentripedal verbreitet. Gut erkennbar ist das scharf begrenzte
ödematöse, lividrote Umgebungserythem. |
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Bild 5:
Fortschreitende Demarkierung der Gewebsnekrose, 4 Wochen nach der
S-LOST Schädigung |
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Bild 3: Nach
Abtragung der Blasendecke wird die nekrotische schmierig belegte
Wundfläche sichtbar. |
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Bild 6: 7 Wochen nach
S-LOST Kontakt hat sich das nekrotische Gewebe nahezu gänzlich
abgestoßen. Im Kampfstoff geschädigten Hautbezirk zarte
Narbenbildung mit teilweise erhaltener Hautfelderung. Im
Narbenbereich De- und Hyperpigmentierung, vereinzelt
Teleangiektasien. |
Formen der Lungenschädigung
durch hautschädigende chemische Kampfstoffe
Neben dem Wirken auf der Haut, werden hautschädigende
Kampfstoffe oft auch durch Inhalation resorbiert.
Leichtere Vergiftungen mit hautschädigenden Kampfstoffen betreffen hierbei
meist nur die oberen Atemwege. Deren nekrotischen Veränderungen führen zu
einem ausgeprägtem Reizhusten (toxische Rhino-Pharyngitis und Tracheitis).
Mittelschwere Vergiftungen führen zusätzlich zur Ausbildung toxischer
Bronchitiden bzw. Bronchopneumonien. Außerdem kann ein toxisches
Lungenödem entstehen. Dies führt zusätzlich zu Heiserkeit, Schmerzen
hinterm Brustbein, einem Kratzen im Hals, sowie zu blutig-eitrigem Auswurf.
Schwere Vergiftungen mit großer Anzahl an Lungenödemen führen zum Tod.
Ein Heilungsprozess dauert Wochen bis Monate. Im Verlauf der Pneunomie
können Lungenabszesse entstehen. Sich ablösende Membranen können zum
Verschluss der oberen Lungenwege führen.
Formen der Augenschädigung
durch hautschädigende chemische Kampfstoffe
Neben den bereits genannten Wirkungen werden
durch hautschädigende chemische Kampfstoffe auch oft die Augen in
Mitleidenschaft gezogen. Geringe Mengen reizen das Auge, erzeugen ein
Fremdkörpergefühl, und rufen so Brennen, Tränenfluss sowie Lichtscheu
hervor.
Größeren Mengen Kampfstoff bewirken destruktive Veränderungen des Auges,
und führen so zu dessen Verlust.
Formen der Verdauungstraktschädigung
durch hautschädigende chemische Kampfstoffe
Um auf das Magen-Darm System wirken zu können ist es
nötig, das hautschädigende chemische Kampfstoffe über Nahrung oder
Getränke aufgenommen werden. Neukrotisierende Prozesse führen dann zu
Magenschmerzen, Speichelfluss, Übelkeit und Erbrechen sowie zu blutigen
Durchfällen. Die Heilung der Schäden dauert wie bei Hautkampfstoffen
üblich sehr lange. Degenerative Schleimhautveränderungen mit chronischen
Beschwerden bleiben oft dauerhafte Schäden eines oral aufgenommenen
Hautkampfstoffes.
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