Botulismus, Clostridium botulinum
Siehe auch chemische Waffen -> Nervengifte

Vorbemerkung:
Botulismus ist nicht eindeutig als B-Waffe einzuordnen. Während er in der Medizin als Lebensmittelvergiftung kursiert, wurde er in den USA unter der Bezeichnung BTX als chemischer Kampfstoff eingeordnet. Allgemein muss er als C-Waffe angesehen werden. Da er sich  jedoch von den sonstigen chemischen Waffen etwas unterscheidet, behandeln wir ihn hier ausführlich als B-Kampfstoff.

Erreger:
Der Bazillus Clostridium botulinum ist ein grampositives, sporenbildendes, stäbchenförmiges Bakterium. Als Bazillus gehört clostidium botulinum der selben Famiele an wie Clostridium perfringens (Gasbrand), Clostridium tetanie (Tetanus) oder Bacillus anthacis (Milzbrand). Der Bazillus stellt das sogenannte Botulismustoxin her, welches für den Menschen hoch giftig ist (LD50 = 0,0001 mg), jedoch durch abkochen zerstört werden kann. Es gibt verschiedene Varianten des Toxins, von denen die vom Clostridum Typ A, B, E und F für den Menschen gefährlich sind. Clostridium botulinum ist ein obligat anaerobes Bakterium - also nur ohne Sauerstoff überlebensfähig.
Das Bakterium selbst ist für den Menschen nur wegen dem von ihm produzierten Gift schädlich.

Vorkommen:
Botulismus ist Weltweit verbreitet. In Ländern mit schlechteren Hygienebedingungen, schlechterer Lebensmittelversorgung tritt es verhäuft auf.

Infektionswege: 
Da das Bakterium selbst für den Körper nicht schädlich ist, muss es nicht inkorporiert werden, um die als Lebensmittelvergiftung deklarierte Krankheit Botulismus hervorzurufen. Es reicht, wenn der Betroffene eine geringe Menge des von dem Bakterium gebildeten Giftes resorbiert.
Das Botulismustoxin wird in aller Regel oral mit Speisen oder Getränken eingenommen. Ausgenommen des vom Erreger-Typs E infizierte Nahrungsmittel schmecken und riechen alle verseuchten Lebensmittel  nach Buttersäure, da das Bakterium eiweißspaltende Enzyme freisetzt.
Claustridium  botulinum kommt vermehrt in Fleisch, Fisch und Hülsenfrüchten vor. Selbst hergestellte Konserven stellen ein zusätzliches Risiko dar.
Eine Übertragung von Mensch zu Mensch ist nicht bekannt. Das Botulismustoxin kann unter ungünstigen Umständen auch über die Atemwege resorbiert werden. Zusätzlich besteht - wie 1951 zum ersten mal veröffentlicht wurde - die (geringe) Gefahr, dass das Botulismustoxin über Wunden in den Körper eindringt.
Als Kampfstoff kommt das Toxin nur dann in Frage, wenn mit ihm Trinkwasser vergiftet wird, oder es als Aerosol freigesetzt werden kann. 
Säuglinge sind - wie 1976 erstmals beschrieben - gegenüber Botulismus einer besonderen Gefahr ausgesetzt. In ihrem Verdauungstrakt können sich Sporen ansammeln, und unter Luftabschluss ihr Toxin produzieren. Diese Form der Erkrankung nennt man Infantilen Botulismus.
Die Inkubationszeit bis zum Auftreten der ersten Symptome beträgt indirekt proportional zur aufgenommenen Giftstoffmenge 12-36 Stunden, gelegentlich bis zu 10 Tage.

Symptome:
Bei Botulismus kommt es anfangs zu einer Lähmung der Augenmuskulatur. Verschwommenes, doppeltes Sehen sowie Lichtscheu sind erste Anzeichen hierfür. Fortschreitend kommt es zu einer Lähmung der Augenlieder, bzw. hat der Betroffene Schwierigkeiten, seine Augen geöffnet zu halten. Typisch für Botulismus ist eine sich nach unten orthogonal  ausbreitende Lähmung. So kommt es anschließend zu einer Lähmung des Mundes, welche Sprachstörungen hervorruft. Hierbei ist die Gefahr gegeben, dass sich der Patient verschluckt, oder an seinem Speichel erstickt, obwohl dieser nur noch sehr vermindert auftritt.
Die Gefährlichste Phase ist das Übergreifen der Lähmung auf die Atmungsmuskulatur. Dies kann zum Erstickungstod führen.
Weiter kommt es durch eine Lähmung der inneren Organe zu Übelkeit, Erbrechen, Durchfälle, später Verstopfung und krampfartige Bauchschmerzen. Der Patient ist während des gesamten Krankheitsverlaufes bei vollem Bewusstsein.

Behandlung:
Durch das Auspumpen des Magens und durch geben von Abführmitteln wird im frühen Stadium der Krankheit versucht, Das Botulismustoxin nicht weiter in den Blutkreislauf gelangen zu lassen. Diesen Ersten Schritt bezeichnet man als Giftelimination. 
Anschließend folgt die Verabreichung eines Gegengiftes, welches gegen die Gifte der Typen A, B und E wirkt (Tivalentes Antitoxin).
Monovalente Antitoxine, welche aus dem Pferd gewonnen werden, können erst nach Spezifizierung des Toxins verabreicht werden, so wie nach einem Allergietest, da das monovalente Antitoxin ansonsten enorm stake Nebenwirkungen hervorrufen kann (Serumkrankheit, anaphylaktischen Schock).
Das Antitoxin neutralisiert jedoch nur sich im Blutkreislauf aufhaltende Toxine. In der Gewebsstruktur gebundene Toxine lässt es aus.
Zusätzlich werden syptomatiosche Behandlungen vollzogen. Diese beinhalten künstliche Ernährung und Beatmung. Oftmals wird Penicillin mit verabreicht, um auszuschließen, dass ein Inkorporiertes Claustridium weiterhin Giftstoffe absondert.
Mit Hilfe dieser Behandlungsmethoden ist es der Medizin gelungen, die Letalität bei Botulismus von 90% auf bis zu 10% zu minimiren.

Geschichte:
Anlässlich einer Epidemie 1820 beschrieb Justinus Kerner zum Ersten mal die Krankheit Botulismus. 1897 gelang es "van Ermengen" das Botulismustoxin zu isolieren. Der Name Botulismus kommt von dem lat. Wort botulus welches die Wurst bezeichnet, welche früher das Primär von Botulismus verseuchte Nahrungsmittel war. Außerdem hat es die Bedeutung "Darm".

Wirkungsweise:
Die einzelnen Zellen unseres Nervensystems teilen sich Reize gegenseitig mit Hilfe des Stoffes Azetylcholin mit. Während die künstlich hergestellten Stoffe dessen Abbau verhindern, wird durch das Botulismustoxin dessen Freisetzung verhindert. Die Folge hiervon ist eine Lähmung, da Reize aus dem gehirn nicht mehr an die Entsprechenden Körperteile weiter gegeben werden können.
Die häufigste Todesform bei Botulismus ist der Erstickungstod durch eine Lähmung der Atmungsmuskulatur. Ebenso kann es zu einer kardialen Lähmung kommen, so dass das Toxin also einen Herzstillstand hervorruft.

Kampfstoff:
Der Erreger ist wie oben schon erwähnt nicht im Stande, in Anwesenheit von Sauerstoff zu existieren. Er kommt deshalb selbst nicht in Frage. Sein Toxin hingegen, ist als Massenvernichtungswaffe enorm gut geeignet. Es ist hoch giftig, und kann mehr oder weniger Leicht als Aerosol freigesetzt werden. Ist nicht bereits genügend Antitoxin vorhanden, geht aus dem Einsatz der Waffe eine sehr hohe Sterblichkeitsrate unter den Betroffenen hervor.

Terrorwaffe:
Das Botulismustoxin hat durchaus Reife zum Sabotagegift. In Trinkwasser genügen geringe Mengen, um eine Großstadt zu vergiften. In kriegerischen Auseinandersetzungen kann man solchen Sabotagen durch einfache Mittel präventiv entgegenwirken. Kommt es jedoch unerwartet zu einem Anschlag mit Botulismustoxin, wäre die Zivilbevölkerung schutzlos ausgeliefert.
Die Produktion des Giftes ist relativ zu seiner Wirkung einfach und billig. Botulismus stellt so gesehen eine starke Bedrohung dar.

Schutzmaßnahmen:
Das Botulismustoxin ist besonders Hitzeempfindlich, und wird durch kurzes Erhitzen schnell zerstört. Ein Abkochen von Trinkwasser tötet die Claustidien zuverlässig ab. Die Sporen des Erregers, welche normalerweise ja nur für Kleinkinder gefährlich sein sollten, kann man durch 30 min 120 °C heißen Dampf effektiv abtöten.
Zu achten ist natürlich auf einen Geschmack oder Geruch von Buttersäure. 
Wird Botulismustoxin als Kampfstoff oder Terrorwaffe verwendet, so ist nicht anzunehmen, dass man den Kampfstoffeinsatz frühzeitig genug bemerkt, um Gegenmaßnahmen zu ergreifen. Das mitführen einer Atemschutzmaske wird hiermit praktisch sinnlos.
Verdacht und Diagnose auf Botulismus sind meldepflichtig, ebenso wie ein Ableben durch diesen.


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